Im Epizentrum des Unbekannten

(© Melanie Vogel) Wir Menschen leben in der Illusion, dass wir die Kontrolle haben – über unser Leben, unsere Umwelt, unsere Zukunft. Aber was würde passieren, wenn wir uns der Wahrheit stellen? Der Wahrheit nämlich, dass wir uns in jedem Moment unseres Lebens im absoluten Epizentrum des Unbekannten befinden?

Die Illusion der Sicherheit

Unser Alltag ist durchzogen von Vereinbarungen, die uns ein Gefühl von Sicherheit geben. Wir glauben an Ländergrenzen, an Karten mit Linien, die die Welt ordnen. Wir nehmen an, dass unser Herz in der nächsten Sekunde noch schlagen wird, dass wir den nächsten Atemzug nehmen werden, dass alles so weitergeht wie bisher. Doch all das sind Illusionen – gesellschaftlich vereinbarte Geschichten, die wir erzählen, um die Unsicherheit des Lebens zu verschleiern.

Es gibt keine absolute Sicherheit. Selbst die Tatsache, dass Sie jetzt gerade diesen Text lesen, ist nur in diesem Moment gewiss. Was in der nächsten Sekunde passiert, weißt niemand – Sie nicht, ich nicht, niemand. Vielleicht stürzt ein Meteor durch die Decke. Vielleicht hört Ihr Herz plötzlich auf zu schlagen – oder meines. Es klingt radikal, doch es ist die Wahrheit: Wir leben im Unbekannten.

Die Angst vor dem Unbekannten

Diese Unbekanntheit ist unbequem, sie macht auch Angst – und genau deshalb neigen wir dazu, sie zu ignorieren. Wir erschaffen Routinen, Strukturen und Erklärungen, um dem Chaos des Lebens einen Sinn zu geben. Wir klammern uns an Ideen wie „Planung“ und „Kontrolle“, um das Unbekannte zu verdrängen. Doch dieser Verdrängungsmechanismus hindert uns daran, unser Leben voll zu begreifen – und zwar in genau dem Moment, den wir kontrollieren können: das hier und jetzt. Genau diesen Moment.

Die Befreiung durch das Unbekannte

Sich der Wahrheit des Unbekannten zu öffnen, kann ein tiefer Wendepunkt sein. Wenn wir wirklich begreifen, dass wir keine Kontrolle haben – weder über die nächste Sekunde noch über den Verlauf unseres Lebens – kann das eine befreiende Wirkung haben. Es nimmt uns die Last der Illusion, alles in der Hand haben zu müssen. Es ermöglicht uns, das Leben so zu nehmen, wie es ist: als einen Fluss von Augenblicken, von denen keiner sicher und keiner vorhersehbar ist.

Diese Erkenntnis ist nicht nur philosophisch, sondern zutiefst physisch. Wenn wir sie wirklich in unserem Inneren, in unserem Körper, in unseren Zellen spüren, verändert sich alles. Plötzlich ist nichts mehr selbstverständlich – und genau das macht das Leben so wertvoll. Jeder Moment wird einzigartig, weil wir begreifen, dass er nicht garantiert ist.

Eine neue Perspektive

Diese neue Perspektive ändert, wie wir die Welt sehen. Wir erkennen, dass all die Linien auf Karten, die Namen von Ländern, die Strukturen, die wir gebaut haben, nur Konstruktionen sind – nützlich, aber letztlich Illusionen. Das einzig Reale ist das Unbekannte, in dem wir uns immer befinden.

Wir werden präsenter, offener, ehrlicher gegenüber der Wirklichkeit. Wir hören auf, an falschen Sicherheiten festzuhalten, und lernen, im Unbekannten zu leben – im Epizentrum des Lebens selbst.

Fazit: Lebe im Jetzt

Es gibt keinen sicheren Hafen, keinen festen Boden, auf dem wir stehen können. Aber das bedeutet nicht, dass wir verloren sind. Im Gegenteil: Wir sind frei. Frei, das Leben so zu erleben, wie es wirklich ist – unsicher, ungewiss, und doch voller Möglichkeiten. Warum also nicht jetzt anfangen, diese Wahrheit zu umarmen? Warum nicht jetzt im Epizentrum des Unbekannten Platz nehmen – dort, wo wir immer schon waren?

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